Ukraine-Krieg / Frieden / Atomwaffen

Brief mit Aufforderung an den Bundesrat, den Atomwaffenverbotsvertrag zu unterschreiben - bitte mit eigenem Namen und Adresse versehen und abschicken. (mit Word öffnen)

Hier auf der Homepage des IKRK für den Atomverbotsvertrag mit E-Mail "unterschreiben".

Oder hier ein Aufruf vom Dalai Lama und andren Friedensnobelpreisträgern zum gleichen Thema.


Ein Wort Albert Schweitzers aus den 50er Jahren in Radio Oslo

«Zur Zeit haben wir die Wahl zwischen zwei Risikos. Das eine besteht in der Fortsetzung des unsinnigen Wettrüstens in Atomwaffen und der damit gegebenen Gefahr eines unvermeidlichen und baldigen Atomkrieges, das andere in dem Verzicht auf Atomwaffen und in dem Hoffen, das Amerika, die Sowjetunion und die mit ihnen in Verbindung stehenden Völker es fertigbringen werden, in Verträglichkeit und Frieden nebeneinander zu leben. Das erste enthält keine Möglichkeit einer gedeihlichen Zukunft. Das zweite tut es. Wir müssen das zweite wagen.»


Wie dringend der Klimaschutz ist!

Da fallen mir folgende Worte Albert Schweitzers ein: "Beginnender Untergang der Menschheit ist unser Erlebnis. Bei der Macht, die ihr durch die Errungenschaften des Wissens und Könnens zugefallen ist, handelt es sich für sie darum, ob sie die Kraft aufbringt, von ihr nur zum Gedeihlichen, nicht auch zum Vernichten Gebrauch zu machen. […] Hier kann nur noch helfen, dass der Geist Gottes mit dem Geist der Welt streite und ihn überwinde."


Enzyklika Laudato si

Petition für Besteuerung von Flugreisen

Offener Brief zur Beendigung von Kompensationen (CDM)

Unterschrift für Flugticketabgabe

Bedenkenswertes Transparent von SchülerInnen am Klimastreik:
"Why should we go to scool if you won't listen to the educated?"

Gleich lange Spiesse für Bahn und Flugverkehr


Ein frischer ungewöhnlicher Blick auf Arbeit und Wachstum








Hoffnung und Hybris

Replik auf einen interessanten Artikel in der NZZ

Artikel von Felix E. Müller in der NZZ vom 17. 11. 22

 

Linke Aktivisten und rechte Agitatoren sind sich näher, als man denken würde: Hüben wie drüben glaubt man, dass das Ende der Zivilisation bevorsteht
Unsere Gesellschaft ist noch immer vom christlichen Denken geprägt. Wie sonst ist zu erklären, dass in der Politik, aber auch im Kulturschaffen ein apokalyptischer Endzeitdiskurs dominiert`?


Wenn sich Klimaaktivisten am Asphalt festkleben, tun sie es mit der Rechtfertigung, die Welt stehe am Abgrund. Zeige nicht die Wissenschaft, dass zunehmende Hitze, abschmelzende Gletscher und sich ausbreitende Dürren den Globus bald zu einem unbewohnbaren Ort machen würden? Rasch nähere sich die Erderwärmung dem «tipping point», dem Kipppunkt, der eine nicht mehr zu stoppende ökologische Abwärtsspirale einleite. Die Klimaforschung glaubt sogar, eine Jahreszahl benennen zu können, wann dieser Moment erreicht ist. Er ist nahe! Und danach? Kommt der Weltuntergang und damit das Ende der Zivilisation, wie wir sie kennen.

Doch wer meint, bei der Endzeitstimmung handle es sich um ein Phänomen im links-grünen Lager, der täuscht sich. In seiner Inaugurationsrede zeichnete Donald Trump 2017 ein düsteres Bild von der Zukunft der USA, befinde sich das Land doch im Niedergang, habe seine Seele verloren und sei vom Verlust seiner Stärke und Grösse bedroht. Der Einfluss seines damaligen Beraters Steve Bannon, der ein Verehrer des rechtsextremen französischen Publizisten Renaud Camus ist, war mit Händen zu greifen.
Camus warnte in einem 2010 erschienenen Buch vor dem «grossen Bevölkerungsaustausch» und behauptete, alle Register von Verschwörungstheorien ziehend, eine Elite von Globalisten, Uno-Funktionären, Multikulturalisten, Topmanagern und Juden befördere die Einwanderung aus Entwicklungsländern mit dem Ziel, die Weissen in Europa zu verdrängen und damit die Kultur des Abendlands auszumerzen. Die Rechtspopulisten griffen dieses Untergangsszenario dankbar auf, denn zu ihrem Geschäftsmodell gehört es, die Zukunft in düsteren Farben zu zeichnen und ebenfalls den Untergang der Welt, wie wir sie kennen, zu beschwören.

Die Kultur arbeitet kräftig mit

So stimmen Linksaktivisten und Rechtsagitatoren in diesem einen Punkt überein: Die Welt sieht sich von einer Apokalypse bedroht. Sie dürfen sich in dieser Auffassung durch das gegenwärtige Kulturschaffen bestätigt sehen.

In Büchern, Filmen, TV-Serien oder Videogames wimmelt es von Inhalten jeder Schattierung von Düsternis. TV-Serien wie «Hunger Games» oder «The Handmaid’s Tale» nach dem gleichnamigen Roman von Margaret Atwood, die eine finstere, kaputte, totalitäre Welt zeigen, waren internationale Grosserfolge. In der Literatur hat sich mit der «Cli-Fi» – Climate Fiction – eine spezielle Kategorie von Romanen etabliert, welche die kommende ökologische Katastrophe und den Klima-Weltuntergang in allen möglichen Varianten schildern. Filme wie «Don’t Look Up», in dem sich bornierte Politiker als unfähig erweisen, Massnahmen gegen den drohenden Zusammenprall eines Meteoriten mit der Erde zu treffen, wurden von der Kritik verrissen und fanden dennoch ein Millionenpublikum.
In den USA boomt keine Buchkategorie mehr als die für «young adults», eine Altersgruppe zwischen – sehr ungefähr! – 12 und 18 Jahren. Hier häufen sich dystopische Erzählungen von Seuchen, Dürren, Diktatoren, vom Schrecken technologischer Überwachungsregime, was offensichtlich bei den jungen Leserinnen und Lesern auf grosses Interesse stösst. Und wer meint, dass es sich hier um typisch amerikanische Übertreibung handle, der lese doch die «Weltwoche», diese Zeitschrift für «old adults», in der täglich der Untergang der Schweiz, Europas, Amerikas, der EU, der Ukraine beschworen wird, immer mit dem atemlosen Subtext erzählt, dass überall das Ende nahe sei.

Nur die Umkehr kann helfen

Apokalypse ist natürlich ein religiös konnotierter Begriff. Verbunden wird damit die Erzählung einer Endzeit, eines letzten Gerichts, einer Zeitenwende und der Anbruch einer neuen Welt, des Reichs Gottes, das allen Gerechten Rettung bringt, aber allem Bösen die ewige Verdammnis. Besonders ausgeprägt ist, dank der Offenbarung (Apokalypse) des Johannes im Neuen Testament, dieses Narrativ im Christentum.

Was in Predigten, in erbaulichen Büchern, was in mittelalterlichen Wandgemälden und klösterlichen Andachten in den letzten 2000 Jahren millionenfach wiederholt und beschworen wurde, kann innert zwei Generationen nicht einfach verlorengehen. Unser Zeitalter ist nicht weniger religiös als die vorangehenden, obwohl wir das alle meinen. Das religiöse Bedürfnis sucht sich nur andere Ausdrucksformen als früher. Der Endzeitdiskurs in der heutigen Politik, das apokalyptisch gefärbte heutige Kulturschaffen verraten dies.
So dröhnt es heute von der Kanzel der veröffentlichten Meinung: Wenn die Welt demnächst den Klima-Untergang erleide, so sei dies der Fall, weil wir uns alle verschuldet hätten – zu viel mit dem Flugzeug unterwegs, zu viel konsumiert, zu viele Dieselkilometer gefahren. Nicht visionäre wissenschaftliche Erfindungen könnten die Welt noch retten, nicht etwa die experimentelle Technologie, die es erlaubt, CO2 der Atmosphäre zu entziehen. Nur noch die Umkehr vermag das Schlimmste abzuwenden, was jeder Bussprediger während Jahrhunderten verkündet hat. Wir sind alle Sünder!
So gesehen handelt es sich auch beim strukturellen Rassismus, den alle Weissen unabhängig von einem individuellen Verschulden in sich tragen sollen, um nichts anderes als die alte Erbsünde im neuen Gewand.

Die Politik als Gerichtshof

Dieser penetrante Endzeitdiskurs führt zu einer religiösen Aufladung der Politik. Diese ist heute nicht mehr dazu da, Sachprobleme sachlich zu lösen. Vielmehr bildet sie einen öffentlichen Gerichtshof zur Verhandlung moralischer Fragen: Wodurch zeichnet sich die richtige Gesinnung aus, und wer gehört zu den Erlösten? Rassismus, Flüchtlingspolitik, Klima: Immer geht es um Gut oder Böse, also letztlich um die Frage, wer zu den Auserwählten gehört und wer in der Verdammnis enden wird.

Wenn unsere Zeit, wenn die gegenwärtige Politik zunehmend als Streit konkurrenzierender Modelle von Weltuntergang geführt wird, beschädigt dies das Gespräch unter Andersdenkenden. Wer von apokalyptischen Ängsten erfüllt ist, der hat keine Zeit mehr für langwierige Debatten. Er klebt sich auf die Autobahnen und fordert: 1,5 Milliarden für Gebäudesanierungen, und zwar sofort! Der wahrhaft Gläubige duldet keine Kompromisse, das war schon im alten christlichen Zeitalter so und ist es im heutigen kryptochristlichen immer noch. In besonders ausgeprägter Weise zeigt sich diese Transformation der Politik in den USA, was mit ein Grund dafür ist, dass die Politik sich zunehmend als unfähig erweist, bestehende Probleme tatsächlich auch zu lösen.
Muss man folglich für die Zukunft düstere Prognosen abgeben, weil die Politik immer schlechter funktioniert? Wer diese Auffassung vertritt, erweist sich zumindest als Kind seiner Zeit – der heutigen.

 

 

Replik

 

Wenn ein NZZ-Redakteur irgendwo Religion diagnostiziert, horche ich als Theologe auf.

 

Doch mein erster Traumberuf war Physiker. Ich bin immer noch an Physik interessiert. Darum zuerst ein paar Worte aus physikalischer Sicht zum Klimawandel. (Nur theologisch Interessierte bitte zur roten Markierung)

Bis vor wenigen Jahren dachte ich, dass der Klimawandel zwar eine grosse Herausforderung sei, dass es aber neben Nachteilen auch Vorteile geben würde: bessere Weine in der Schweiz oder weniger Heizkosten. Ein befreundeter Bergsteiger meinte, er müsse dann die Steigeisen weniger oft einpacken.

Doch in den letzten Jahren gab es in der Klimawissenschaft eine Entwicklung. Man entdeckte immer mehr sogenannte negative Rückkoppelungseffekte. Z. B. den Albedo-Effekt. Das kommt von lateinisch albus und heisst Weisswert. Die Arktis hat einen höheren Albedowert, wenn sie von Eis und Schnee bedeckt, also weiss ist, und die meiste Energie ins All zurückstrahlt. Wenn nun das Eis und der Schnee immer länger wegbleiben, das Meer also länger blau ist, dann nimmt der Albedowert ab, es strahlt weniger Energie ins All zurück. Dadurch wird die Arktis heisser, das Eis und der Schnee bleiben weniger lang, sodass sich die Arktis noch mehr erhitzt, sodass Eis und Schnee noch weniger lang bleiben usw. Oder man bemerkte, dass das Schmelzwasser bei schmelzenden Gletschern so etwas wie ein Kugellager zwischen Eis und Schnee bildet, sodass Gletscher viel schneller als erwartet ins Meer abrutschen und so den Meeresspiegel stärker erhöhen als vermutet. Oder dass Methangas im Permafrost in Sibirien durch den Klimawandel aufgetaut wird. Dieses Gas ist 30 Jahre lang 80 Mal schädlicher als CO2 und erhitzt die Atmosphäre weiter, sodass wieder mehr Permafrost auftaut usw.

Enorm vereinfacht gesagt könnte man sagen, dass die Klimawissenschaft früher ungefähr linear extrapoliert hat. D. h., wenn bei einem Gletscher bei 1 Grad Klimaerwärmung in einem Jahrzehnt 1 km3 (Kubikkilometer=1 Milliarde Liter) abschmilzt, wird es in einem weiteren Jahrzehnt wieder 1 km3 sein, wenn es 2 Grad wärmer wäre 2 km3, wenn es 3 Grad wärmer wäre 3km3. Die neue Erkenntnis: Wenn der Gletscher ein km3 abtaut, ist es im Inneren anstatt – sagen wir minus 25 Grad – vielleicht nur noch minus 15 Grad, sodass er, wenn er mal auftaut, immer schneller auftaut.

Die Prozesse beim Klima sind also nichtlinear. Der bekannteste nichtlineare Prozess ist der exponentielle Prozess. Ein Beispiel dafür: Wenn es die Schweiz und Bankkonten schon zur Geburt Jesu gegeben hätte, hätte Folgendes geschehen können: Eine Person bringt einen Franken zur Bank mit dem Versprechen von 5% Realzins. Wie viel würde heute auf dem Konto liegen? So viel, dass man die ganze Sonne mit Gold füllen könnte, um die Person auszubezahlen, ohne dass es reichen würde. (Wer die dazugehörige Formel nicht mehr kennt: sie lautet 1.05^2022). Mein Mathematiklehrer hätte gesagt: «Wer da kein ‘metaphysisches Gruseln’ verspürt, ist kein Mensch.».

Natürlich sind die Prozesse des Klimawandels nicht genau exponentiell, sowenig wie sie linear sind. Was ich damit jedoch zeigen will: Wenn Naturwissenschafter solche wie die oben beschriebenen Phänomene entdecken, schreiben sie vielleicht: «In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass klimatische Prozesse besser mit nichtlinearen Modellen, in die zunehmend negative Feedbackschlaufen eingebaut werden, beschrieben werden können.» Das tönt undramatisch bis unverständlich. Wer diese Sprache jedoch kennt, weiss, dass das enorm dramatisch sein kann!

 

Vielleicht sollte man auch erwähnen, dass der Klimawandel heute nicht nur in Modellen sichtbar ist. Dass Pakistan zu einem Drittel unter Wasser war, ist leider keine Science Fiction. Auch keine Cli-Fi. In China war der wirtschaftliche Schaden durch den Klimawandel (in gewissen Regionen 80% weniger Wasserkraft wegen austrocknender Flüsse, Herunterfahren der Wirtschaft wegen zu wenig Strom, da die Bevölkerung bei 40 Grad die Klimaanlagen voll aufdrehen musste) dieses Jahr grösser als durch die Corona-Lockdowns. Aber weil unsere Medien den Klimawandel hypen, weiss das ja jedes Kind…

 

Kennt Herr Müller die beschriebene Sachlage bezüglich Klimawandel nicht, weil die Wissenschaftsredaktion in der NZZ kleingespart worden ist? Oder weiss er es, aber ihm gehen die Gegenargumente aus?

 

Vieles spricht für das letztere, da die NZZ wie in diesem Artikel immer mehr auf eine Metaebene ausweicht. Dazu gehört, dass man sehr regelmässig auf den Klebern herumhackt und diskutiert, ob man diese eher mit der RAF oder besser mit anderen Terrororganisationen vergleichen soll.

 

Nun zur Religion. Ich denke, dass Herr Müller bei der Klimadebatte zurecht religiöse Dimensionen ortet. Aber er ortet sie am falschen Ort!

 

Das moderne Denken erhielt entscheidenden Schub durch die Nützlichkeitsphilosophen, im Fachjargon Utilitaristen genannt. Diese Philosophen sind die Erbsenzähler unter den Philosophen. Doch durch Erbsenzählen erhält das Leben weder einen Sinn noch einen Bezug zu etwas Höherem (Philosophen und Theologen sprächen dann von einem «fehlenden Transzendenzbezug»). Da das Leben ohne Sinn aber eben doch nicht so schön ist, definierten die Utilitaristen doch mindestens einen Zweck, für den man leben sollte. Es sollte das Glück in der Welt vermehrt werden. (Wer wissen möchte, wie Utilitaristen noch heute denken, eine ganz kurze Darstellung eines Gegners, ab 52' 24'' hier). Durch die Utilitaristen schaffte es dieses Ziel sogar in die amerikanische Verfassung (pursuit of hapiness). Das Glück sollte einerseits durch Steigerung des privaten Glücks durch gesteigerten materiellen Wohlstand geschehen, andererseits durch Multiplikation, indem die Zahl der Menschen auf dem Erdball erhöht werden sollte.

Das dritte wichtige Element war die Technikgläubigkeit. Der Theologe David Friedrich Strauss (1808 – 1874), der im Kielwasser der Utilitaristen surfte, meinte Folgendes: Die Menschen hätten Jesus für Gott gehalten, weil sie gedacht hätten, er hätte bei der Sturmstillung über die Naturelemente befohlen. Da in der Moderne die Menschheit dies könne, sei der einzelne Mensch zwar immer noch menschlich, die Menschheit als ganze aber durchaus göttlich.

Die moderne Religion hatte ihre eigene Dreifaltigkeit: Erhöhung des Glücks einzelner Personen durch Wachstum des materiellen Wohlstands, Erhöhung des Gesamtglücks durch Bevölkerungszunahme und Technologiegläubigkeit. (Nebenbei bemerkt sind Prozesse des materiellen Wohlstands und des Bevölkerungswachstums grundsätzlich wahrscheinlich exponentiell.)

 

Selbstverständlich ist dazu die Frage nach der Apokalyptik, die Frage, wie durch – mehr oder weniger apokalyptische – Überwindung dieser Welt Gottes neue Welt entstehen kann, aber auch ganz allgemein die Frage, wie sie in der Theologie unter der Rubrik «Eschatologie» behandelt wird, nämlich, wie das einzelne Leben wie auch die Gesellschaft am Ende auf Gott zulaufen soll, suspendiert worden.

Der Theologe Ernst Troeltsch (1865-1923) meinte deshalb zu recht, das eschatologische Büro sei in der Moderne (nicht erst seit zwei Generationen wie Herr Müller sagt) meist geschlossen gewesen. Was Troeltsch vergass: das eschatologische Büro im ersten Stock wurde durch das Erbsenzählerbüro im Kellergeschoss ersetzt.

 

Nachdem dieses Erfolgsmodell komischerweise von zwei Weltkriegen durchkreuzt worden war (ganz gegensätzliche Theologen wie Albert Schweitzer und Karl Barth hatten das dumpfe ungute Gefühl, dass das eine etwas mit dem anderen zu tun haben könnte), erinnerte man sich nach dem zweiten Weltkrieg daran, dass Freiheit vielleicht auch noch ein wichtiger Wert wäre, schliesslich sagte Apostel Paulus «Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.» (II Kor 3, 17). Allerdings musste man das Ganze noch auf das Niveau des Erbsenzählens herunterbrechen. Franklin D. Roosevelt nannte als vier Freiheiten: Freiheit der Rede, der Person, Freiheit von Not und Freiheit von Furcht. Aber das war zu wenig trivial. Entstanden sind schliesslich vier ergänzende neue Glaubenssätze, die unter anderem in der EU uneingeschränkt gelten:

1. Freiheit der Waren

2. Freiheit der Personen (Personenfreizügigkeit)

3. Freiheit der Dienstleistungen

4. Freiheit der Finanzen
Ziel der vier Freiheiten war wiederum Wirtschaftswachstum. Vielleicht dachte man auch, durch zusätzliche wirtschaftliche Verflechtung einen künftigen Krieg unwahrscheinlich zu machen. Dieser Gedanke geht auf Norman Angell zurück, der das Buch "the Great Illusion" schrieb, das innert kurzer Zeit zum Bestseller wurde. Durch die wirtschaftliche Verflechtung sei ein künftiger Krieg schlicht eine Illusion und äusserst unwahrscheinlich, da ökonomisch unsinnig. Der Schönheitsfehler: das Buch wurde 1910 geschrieben. Wiederum: es reicht nicht, sich für eine bessere Welt mit Frieden ausschliesslich auf ökonomische Strukturen, gekoppelt mit Erbsenzählerei, zu verlassen.


Die Ironie des 20. Jahrhunderts besteht darin, dass man so tat, als würden mit dem Kapitalismus und dem Kommunismus zwei konkurrenzierende Systeme bestehen. Die zwei Wirtschaftsweisen sind natürlich nicht dasselbe. Aber die platte Mehrung des materiellen Wohlstandes bestand auch im Marxismus, sogar noch platter. Für Marx war ja alles Geistige nur materieller Überbau des Materiellen.
Saint Exupéry, der Autor des kleinen Prinzen sah diese gemeinsame Grundlage von heutigem Kapitalismus und Kommunismus richtig. Er meinte, was ihn am Kommunismus störe, sei, dass die Menschen wie Kühe gesehen würden, die gefüttert werden müssten und ein Dach über dem Kopf bräuchten, und was ihn am Kapitalismus störe, sei, dass die Menschen wie Kühe gesehen würden, die gefüttert werden müssten und ein Dach über dem Kopf bräuchten.
Auf Predigten erhalte ich selten eine Rückmeldung ausser "Es war schön." Wenn ich gegen einen marxistischen Materialismus predige und Brechts populären Satz "Erst kommt das Fressen, dann die Moral" in Frage stelle, kann ich auf geharnischte Reaktionen gefasst sein und werde persönlich diffamiert im Sinne von, dass ich ja gut so reden könne. Dabei stelle nicht ich diesen Satz in Frage, sondern z. B. Viktor Frankl aufgrund der extremen Erfahrung im Konzentrationslager. Er erlebte z. B. wie Menschen vor einer Deportation eingebrochen waren, aber nicht in einen Lebensmittelladen, sondern in eine Bibliothek...


Stalin meinte schliesslich, dass materieller Wohlstand und Industrialisierung vor allem durch tiefe Energiekosten erzeugt würde. Mich stimmt es nachdenklich, dass heute fast alle Politiker mit Stalin diesbezüglich einer Meinung sind.

 

Die NZZ weist die Kleber und andere «Klimaaktivisten» jeweils darauf hin, dass es in der Schweiz ja – anders als in Diktaturen – einen demokratischen Prozess gäbe.

Ein Wissenschaftsjournalist, der das wahre Ausmass des Klimawandels verstehen wollte, war zunehmend beunruhigt, sodass er sich im politischen Prozess einbringen wollte. Er startete eine Initiative, in einer nüchtern-sachlichen Art das fordernd, zu was man in Paris 2015 eigentlich schon Ja gesagt hatte. Er nannte die Initiative etwas peppig "Gletscherschutzinitiative", mit irgendwas muss man die Stimmbürger ja hinter dem Ofen hervorholen. Sie wurde vor kurzem jedoch bedingt zurückgezogen. Da ich bei der Gletscherinitiative auch dabei bin und über den Rückzug abstimmen konnte, begründete ich mein Nein zum Rückzug. Herr Hänggi, der besagte Wissenschaftsjournalist, der diese Initiative lanciert hatte, war so freundlich, mir zu antworten. Er sei ernüchtert von der Politik, und obwohl der indirekte Gegenvorschlag (der von der SVP bekämpft wird) gravierende Mängel habe, sei damit immerhin ein Gesetzestext vorhanden. Denn ein Text in der Verfassung, der zwar besser wäre, aber nicht umgesetzt würde, sei toter Buchstabe.

Wie kommt Herr Hänggi zur Idee, dass eine (alles andere als sichere Annahme) der Gletscherinitiative dann nicht einmal umgesetzt würde?

Meine Vermutung: Am 20. Februar 1994 nahmen Volk und Stände die sogenannte Alpeninitiative an. Gemäss dieser dürften nur noch 650 000 Lastwagen pro Jahr über den Gotthard donnern. Heute sind es 900 000. Seit 1994 hat es das Parlament jedoch immer wieder geschafft, die Forderung der Verfassung «aufzuschieben». Leute, die angeblich nichts von der EU übernehmen wollen, wie Ulrich Giezendanner, hatten ungemein Freude daran, die Schweizer Verfassung nicht umzusetzen und den links-grünen Spinnern eins auszuwischen. Später nannte das die Partei, zu der er gehört, in einem ähnlich gelagerten Fall «Verfassungsbruch».

 

Wie kommt es, dass die schweizerische Verfassung kraftlos wird? Die schweizerische Verfassung steht mittlerweile wohl über dem Christentum, aber nicht über dem säkularisierten «modernen Glauben». Wo ein Glaubensartikel wie «Freiheit der Waren» berührt wird, da steht unsere Verfassung darunter, nicht darüber.

 

Dass es schwer ist, gegen Glaubensüberzeugungen anzukämpfen, zeigt die grüne Bewegung. Kaum jemand der grünen oder grünliberalen Politiker (von Politikerinnen und Politikern aus anderen Parteien ganz zu schweigen) wagt es, materielles Wachstum in Frage zu stellen. Man färbt das Wort "Wachstum" grün ein, damit hat es sich. So sei sogar ein noch grösseres Wachstum möglich, einfach etwas digitalisiert und deshalb anscheinend umweltfreundlicher.

Und bei den Grünliberalen scheinen die Technikgläubigen besonders stark vertreten. Vom selbstfahrenden Auto, Zeugungsvorgang (Samenspende) bis zur Schwangerschaft (Eizellenspende und bald wahrscheinlich Leihmutterschaft) soll alles möglichst vertechnisiert einer Lösung zugeführt werden.

 

Darum behaupte ich, ist es weder der Kleber noch die Staus, die Herrn Müller bei den Klebern beunruhigen, sondern die Tatsache, dass sie wahrscheinlich zu den wenigen gehören, die aus der heute verbreiteten modernen Religion auszubrechen versuchen (ob das mit 1.5 Mia für Gebäudesanierungen wirklich geschehen würde, ist wieder eine andere Frage. Ich zweifle daran.). Aber: Verzicht, Genügsamkeit, für diejenigen, die es gescheit wollen: Suffizienz. Alles Pfui!

 

Als Ecopop den zweiten Grundsatz der modernen Religion seit den Utilitaristen (Vermehrung des Glücks durch Vermehrung der Menschen) mit einer Initiative thematisieren wollte, wurden die Personen dieser Vereinigung ins Lächerliche gezogen (Wollen die mit Flugzeugen Pariser über Afrika abwerfen? Nein, wollten sie nicht.) oder man tat das, was man gerne tut, wenn man nicht diskutieren will: man schiebt den Gegner in die braune Ecke. Herr Müller hat recht, wenn es um Religiöses geht, will man nicht mit Andersdenkenden diskutieren.
Der 1867 geborene deutsche Politiker Walther Rathenau wollte das Bevölkerungswachstum ebenfalls thematisieren und schrieb ein Buch dazu, wie die Wirtschaft mit über einer Milliarde Menschen nur durch geistlose Massenproduktion am Leben erhalten werden könne. Bevölkerungszunahme führt bei ihm ab der Schwelle von einer Milliarde also zwangsläufig zu Geistlosigkeit. Eine radikale These, die so kaum stimmt, aber immerhin interessant ist, vor allem, da sie in erster Linie auf die entwickelte Welt abzielt. (Auch seine Vorliebe für Planwirtschaft scheint heute wenig hilfreich.)

Wie war das persönliche Schicksal von Walther Rathenau? Er wurde 1922 erschossen. (Zwar mit einem antisemitischen Hintergrund, aber es könnte ja sein, dass den Rechtsextremen, die wenig später vielgebärenden deutschen Müttern einen Orden verliehen, auch dieser Gedanke nicht gefiel.)

 

Letzthin wollte wieder eine Initiative an einem Glaubensgrundsatz kratzen. Mit einer Mikrotransaktionssteuer wollte man die «Freiheit der Finanzen» ein ganz kleines Bisschen einschränken. Das Resultat: Den Initianten gelang es nicht einmal, die nötigen Unterschriften zu sammeln. (Ich hörte, der allgemeine Aufschrei, dass für so etwas gesammelt werde, sei von der Finanzindustrie her nicht grösser gewesen, weil man am falschen Ort angesetzt habe und es sowieso nichts bewirkt hätte.) Zum Glück wurde das Parlament nicht zur nächsten Nichtumsetzung gezwungen.

 

Einen Dämpfer hat die moderne Religion letzthin erhalten. Der Glaube an die Technologie verdrängte in der Moderne logischerweise die Ansicht, dass die Menschheit etwas durch eine edle oder fromme Gesinnung erreichen könnte. An Verhaltensänderung zu appellieren gilt in der modernen Ökonomie deshalb als unwissenschaftliche Naivität.

Letzthin kam bekanntlich Corona und übrig blieb – ein Appell an das menschliche Verhalten. Die tiefe Verletzung für den modernen Glauben: es hat funktioniert.

Immerhin kam dann mit der Impfung doch wieder die Technologie an den ihr gebührenden Platz zurück. Das, was Thomas Held, der erste Direktor von Avenir suisse, in einem Gespräch mit Roger Schawinski sagte, galt wieder: «Das Heil kommt ja immer von der Naturwissenschaft!» (Leider besagt der von einigen Klimaaktivisten benutzte Slogan «Follow the science!» mehr oder weniger dasselbe.)

Aber ein wenig angekratzt ist der Glaube an die Technologie seither schon.

 

Es ist deshalb ganz folgerichtig, dass sich Herr Müller auf Busse und Umkehr einschiesst. Wenn er die Busse als etwas tief Mittelalterliches sieht, sei erwähnt, dass Martin Luther seine 95 Thesen deshalb schrieb, weil er meinte, die damalige Kirche nehme es mit der Busse durch die damalige – allerdings anders geartete - Erbsenzählerei, genannt Ablass, zu wenig ernst.

 

In Amerika hat Trump wohl die richtige Intuition, dass der american way of life, die zivilreligiöse amerikanische Variante des modernen Glaubens, militärisch nicht mehr zu halten ist (noch einen Krieg, um im Notfall die Strasse von Hormus für das Öl zu sichern, schafft man nicht). Nur nützen Waffen gegen eine falsche Religion nichts. Das führt dann ebenfalls zu einer Hilflosigkeit, die sich in apokalyptischen Bildern ausdrückt.

 

Noch etwas Theologisches nennt Herr Müller. Er sieht den heute nach ihm weit verbreiteten Rassismus gegen Weisse als Neuauflage der Erbsündenlehre. Ich finde theologische Neuaktualisierungen immer interessant. Die heutige Theologie interessiert sich nicht besonders für Erbsünde. Tut sie es dennoch, sieht sie wie die reformkatholische Dogmatik «Mysterium salutis» die Erbsünde als etwas Strukturelles (oder in der Erkenntnistheorie verortet, was hier aber zu weit führen würde), was auch Herrn Müllers Ansicht scheint. «Mysterium salutis» veranschaulicht das am Beispiel des alten Israels. Weil dem König Salomo Wohlstand und viele Frauen wichtiger waren als Gottesfurcht, brach das Reich Israel auseinander. Die Sünde, die Spaltung des Reiches, vererbte sich, war eine Hypothek für die späteren Könige, vergrösserte sich, bis schliesslich das Nordreich, später das Südreich in die Knechtschaft nach Assur und Babylon abgeführt wurden.

 

So gesehen würde ich eine Neuauflage der Erbsündenlehre nicht mit Rassismus in Verbindung bringen, sondern eher mit den folgenden Fragen beschreiben: Könnte es sein, dass die durch die säkularisierte moderne Glückserbsenzählerreligion verursachte Fixierung auf das Materielle als Kehrseite eine Unfreiheit des Denkens, des Geistes zur Folge hat? Dass wir das Verhaftetsein im Materiellen wie auch die Unfreiheit des Geistes als eine Erblast weitertragen? Dass sich materialistische Sachzwänge so stark in unser Dasein und unsere Wirtschaft eingegraben haben, dass selbst die schweizerische Demokratie nicht dagegen ankommt?

 

Könnte es sein, dass Herr Müller und seine Generation, deren Selbstbild wahrscheinlich so ist, dass sie denken, den materiellen Wohlstand nach dem Krieg neu geschaffen zu haben, mit der Möglichkeit rechnen müsste, dass sie uns ebendamit auch ein Korsett der geistigen Unfreiheit weiter mit auf den Weg gegeben hat? Und eine wirtschaftliche «Ordnung», die seit diesem Jahrtausend von einer Krise in die nächste scheppert?


Interessantes Interview mit Ulrike Herrmann von "jung und naiv"


Gegen die Verharmlosung von Atombomben. (wegen eines Nuklearwinters sterben auch die, die nicht getroffen wurden)
Siehe unten über den Atomwaffenverbotsvertrag.


Mail an Albert Rösti und die Antwort

in Klammern [] Korrekturen zur besseren Verständlichkeit 


Von: Rösti Albert <albert.roesti@parl.ch>

Betreff: AW: Konsequente Politik?

Datum: 3. Januar 2020 um 19:27:54 MEZ

An: Peter Spörri <Peter.Spoerri@refrichterswil.ch>


Sehr geehrter Herr Spörri


Die Strategie der kurzen Wege lässt [s]ich für Produkte in der Landwirtschaft oder solche[,] die die KMU herstellen oder im Tourismus absolut verwirklichen. Das vertreten wir. Gleichzeitig steht aber auch ausser Frage, dass wir ein[en] Grossteil unseres Wohlstandes aus Exporten erwirtschaften. Deshalb braucht es Freihandelsabkommen, gerade hier ist es aber die SVP, die stets dafür schaut, dass die Landwirtschaft davon nicht oder nur am Rande in ihrer Wettbewerbsfähigkeit getroffen wird. Insofern stehe [gemeint: sehe] ich hier keinen Widerspruch.


Freundliche Grüsse


Albert Rösti

Nationalrat



Büro Dr. Rösti GmbH

Dorfstrasse 14

CH-3661 Uetendorf


Telefon: +41 31 351 51 55

Mobile: +41 79 255 88 56



-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: Peter Spörri [mailto:Peter.Spoerri@refrichterswil.ch]

Gesendet: Sonntag, 29. Dezember 2019 14:33

An: Rösti Albert <albert.roesti@parl.ch>

Betreff: Konsequente Politik?


Sehr geehrter Herr Rösti


Im Wahlkampf sagten Sie mehrmals, die Klimapolitik der SVP sei die Politik der kurzen Wege, dass man die Produkte des Bauern im „Läbis“ vis-à-vis verkaufe. Wenn die SVP die heimischen Bauern und lokale Kreisläufe stärken würde und glaubhaft für weniger bis keinen Flugverkehr (wie bei der Verhinderung des Flughafens in Bern!), Verteuerung der Streaming-Dienste etc. kämpfen würde, würde ich die SVP sogar wählen. Dann wäre sie für mich eine interessante Alternative zur grünen Partei.

Leider kann ich das Genannte nicht zusammenbringen mit der Tatsache, dass die SVP bei neuen Freihandelsabkommen immer vorne dabei ist, somit Tür und Tor für alle fremdländischen Produkte und unsinnige Transporte öffnet, inkl. Sie für Erdöl, und dann solche wie Herr Matter den Ton angeben, die mit ihrem Kapital international stark verflochten sind und es eine interessante Frage wäre, wo sie investiert sind und wie dort schweizerische Werte berücksichtigt werden bzw. nicht.

Mit freundlichen Grüssen


Peter Spörri



Der ZSZ am 30. Sept. zugesandter Leserbrief zu "In Skandinavien herrscht Alarmstimmung" (wegen eines befürchteten Sabotageaktes von Russland gegen Norwegens Gasindustrie)


Marcel Hänggi (Initiator der Gletscherinitiative und Wissenschaftsjournalist) legte in seinen Büchern schon seit langem dar, dass verschiedene Energieformen auch unterschiedliche Machtstrukturen aufweisen. Solarzellen auf zehntausende Dächer verteilt haben eine demokratische Struktur, Gas und Öl hingegen sind mit extremen Machtballungen und Klumpenrisiken verbunden. Die Machtballung sahen wir bei Nordstream, das Klumpenrisiko sehen wir nun bei der Gas-Aorta von Norwegen her, wo man mit Zittern und Bangen hofft, dass kein Attentat darauf stattfindet.

Und wer meint, dass Öl sei besser: ein terroristischer Anschlag bei der Strasse von Hormus, und der Westen würde sich in ein neues militärisches Abenteuer stürzen.

Leute wie z. B. Albert Rösti (Ex-Präsident Swissoil) erklärten uns in der Vergangenheit, wie sicher Öl und Gas seien im Gegensatz zum «flatterhaften» Solarstrom. Die Frage, welche der beiden Ansichten richtig ist, hat sich jetzt wohl erübrigt.

Leserbrief zum Energiegesetz vom 25. Okt. 21

Wer als Hauseigentümer oder Mieter mit fossilen Brennstoffen heizt, ist dem Auf und Ab der Gas- bzw. Heizölpreise machtlos ausgeliefert und abhängig von Ländern wie Saudi-Arabien (Öl) und Russland (Gas). Über Saudi-Arabien wird mit dem Wahhabismus zudem ein sehr militanter Islam unterstützt. Mit Wärmepumpen oder Holzschnitzeln unterstützen wir die Freiheit und Unabhängigkeit der Schweiz. Deshalb JA zum Energiegesetz.


Leserbrief zum CO2-Gesetz

Während Corona zeigten sich die meisten jüngeren Menschen auf eine eindrückliche Art solidarisch mit den älteren. Bei der Abstimmung ums CO2-Gesetz sind die Jungen jetzt umgekehrt auf die Solidarität der älteren Menschen angewiesen, wenn ihre Zukunft aus mehr als Waldbränden, Dürren und Wassermangel bestehen soll.

Einige sagen, dass der Beitrag der Schweiz minimal sei. Sicher: die Schweiz muss auch international Druck ausüben bezüglich Klimaschutz, aber das können wir nur, wenn wir zuerst das eigene Haus in Ordnung gebracht haben.

Ist das CO2-Gesetz etwa unsozial? Vielleicht kann sich eine Putzfrau für sich und die Familie keinen Flug nach Mallorca leisten, dafür dank der CO2-Rückerstattung von reichen Vielfliegern Ferien in der Schweiz, und das Geld bleibt so erst noch unserer eigenen Tourismusindustrie erhalten.

Das CO2-Gesetz verdient klare Zustimmung.



Der ZSZ zugeschickter Leserbrief zu "Das künstliche Superhirn ist kein Genie, sondern ein Fachidiot" vom 17. Juni 17

Das Heimtückische der künstlichen Intelligenz ist wohl, dass die grossen Gefahren erst durch präzises Nachdenken zum Vorschein kommen.

Wir leben bereits heute einerseits in einer Welt, in der durch das Internet so viel abrufbares Wissen wie nie zuvor zur Verfügung steht. Andererseits scheint eine grosse Mehrheit sich immer weniger um die Frage zu kümmern, wie Wissen überhaupt zustande kommt, und wie solid oder brüchig das Fundament verschiedener Erkenntnisse ist. Doch ohne ein sicheres Fundament ist der Rest einsturzgefährdet: vertrauenswürdige Erkenntnisse nur durch vertrauenswürdige Methoden. Dadurch, dass Algorithmen (die Art, wie Computerprogramme arbeiten) Geschäftsgeheimnisse internationaler Konzerne darstellen, wird dieser wichtigste Teil der Wissenschaften, die methodische Grundlage, prinzipiell unkontrollierbar, das Fundament wird morsch. Dazu passt, dass die vagen Ausführungen der Innovationsexpertin von IMB, Karin Vey, nicht dazu beitragen, die Methodik von Watson auch nur ansatzweise zu verstehen. Keine Gefahr? Vor nicht allzu langer Zeit verliessen sich Banken ebenfalls auf komplexe Computerprogramme für die sichere Verpackung von Hypothekenschulden, deren Methodik für die Mehrheit der damit Arbeitenden ebenfalls nicht nachvollziehbar war. Das Resultat und den gigantischen Vertrauensverlust für die ganze Branche kennen wir seit der Finanzkrise.

Künstliche Intelligenz in der Medizin: Datenkuratoren und KI-Supervisoren sollen nach Vey die neuen - wahrscheinlich gigantisch entlöhnten - Stars der Szene werden. Und wer wird diesen zudienen müssen, wenn nicht das übrige medizinische Personal, und noch mehr im administrativen Aufwand ertrinken? Doch bei der Frage nach Versklavung durch KI unterdrückt die Innovationsexpertin bloss höflich ein Lachen...


In der ZSZ vom 17. Mai abgedruckter Leserbrief zu den Ausführungen von Ludwig A. Minelli zu Autonomie am Ende und Anfang des Lebens

Machen Überraschungen nicht den besonderen Wert des Lebens aus? Positive wie beglückende Begegnungen, unerwartete lebensverändernde Erkenntnisse oder gnädige Wendungen wie auch negative Überraschungen, die uns herausfordern oder gar infrage stellen? Ist es nicht so, dass einem das meiste Wichtige im Leben - je nach Weltanschauung - zufällt oder geschenkt wird? Was für eine Anschauung steckt andererseits dahinter, wenn man nicht nur den Tod, sondern auch noch das Leben schon vor der Geburt total im Griff haben will, sodass Herr Minelli kein Problem damit hätte, wenn Eltern ihr Kind vorgeburtlich designen könnten? Ist das nicht ein Menschenbild, das den Kern des Lebens verfehlt? Laufen wir damit nicht Gefahr, das Leben letztlich zu einem Programm zu degradieren? Und ganz konkret: Wie würde sich ein in der Pubertätsphase befindliches Kind wohl fühlen, wenn es darum wüsste, dass seine Eltern seine Gene schon vorgeburtlich nach ihrem Gutdünken „sortiert" hätten? Alle, die einem solch technokratischen Menschenbild nicht zustimmen wollen als unvernünftige, fundamentalistische und unaufgeklärte Zeitgenossen zu desavouieren, wirkt doch ziemlich überheblich.

In der ZSZ vom 1. Feb. abgedruckter Leserbrief zur USR III

Die USR III mag komplex sein. Trotzdem kann sie meiner Meinung nach auf einfache Fragen heruntergebrochen werden. Eine solche Grundsatzfrage: Sollen diejenigen, die hart arbeiten, oder diejenigen, die ihr Geld mit ein paar Klicks am Computer vermehren, stärker besteuert werden? Meine klare Meinung: Geldanleger sollten stärker besteuert werden als Arbeiter. Leider ist es umgekehrt! Diejenigen, die arbeiten, werden in der Schweiz stark besteuert, diejenigen, die Geld z. B. in Aktien anlegen, werden extrem niedrig besteuert. Die USR II verschärfte dieses Ungleichgewicht noch stärker zugunsten der Geldanlage (weniger Dividendenbesteuerung), und die USR III ginge nochmals weiter in diese Richtung (Eigenkapitalzinsabzug). Dies bedenke man in Anbetracht der Tatsache, dass es Jahre gab, in denen schweizweit einige wenige mehr durch Geld anlegen verdienten als die ganze übrige Bevölkerung durch harte Arbeit! Wer nicht will, dass die arbeitende Bevölkerung noch mehr besteuert wird und die Geldanleger noch mehr geschont werden, wird Nein stimmen müssen. Regierungsrat Stocker meinte erst kürzlich, in eine überarbeitete Vorlage würde der Eigenkapitalzinsabzug wohl nicht mehr aufgenommen werden - für mich ein Schritt in die richtige Richtung.


Der Weltwoche zugesandter Leserbrief zu einem Artikel von Roger Köppel über Zwingli

Mich freut es einerseits, dass die Weltwoche ein ganzes „Spezial" zu Zwingli abdruckt, und dass Herr Köppel engagiert Linien von der damaligen Zeit in’s Heute auszieht. Andererseits scheint mir bei dem Satz „Ersetzt man die Worte ‚Söldner‘ und ‚Frankreich‘ durch die Begriffe ‚bilateral‘ und ‚Brüssel‘, sind wir in der Gegenwart“, Zwingli arg zu Gunsten des Redaktors zurechtgebogen. Wo bleiben zudem die viel offensichtlicheren Parallelen zu heute links verorteten Themen? Da sich Zwingli vehement gegen den finanziell lukrativen Export von Kriegern wehrte (Reislaufen), kann man sich nicht vorstellen, dass er heutzutage nicht mit gleicher Vehemenz gegen den finanziell lukrativen Export von Kriegsgerät wettern würde. Ebenso schreibt er in seiner „Ermahnung an die Schwyzer“: „Auch der Verlust von Geld und Reichtum soll Euch nicht kümmern; denn ein Vermögen, für das Leute sterben müssen, ist ein trauriger Reichtum.“ Würde sich Zwingli heute nicht für ein Land schämen, das z. B. gut von Einnahmen vieler Rohstofffirmen lebt, die Menschen durch Vergiftung der Umwelt und Entzug des landwirtschaftlichen Bodens sterben lassen und mit toxischem Schwefelbenzin z. B. in Ghana Kasse machen?

Zitat aus: Zwingli: Schriften. Bd I-IV.TVZ,1995: I, S. 99


Der WOZ am 16. Feb. 23 zugesandter Leserbrief zu diesem Artikel

Ich schätze die gut recherchierten Artikel der WOZ sehr. Allerdings bedaure ich, dass in letzter Zeit auch billige Polemik bei der Rubrik „Zoo“ Platz gefunden hat. Natürlich ist die „Lösung“ des Ukrainekrieges durch Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht nicht der Weisheit letzter Schluss, und ich hätte bei Frau Wagenknecht mehr Rückgrat vermutet, als den billigen Opportunismus richtung AFD in ökologischen Belangen. Aber anstatt sich über sie als Hobbymilitärexpertinnen zu mockieren, könnte man einmal der Frage nachgehen, wie profund das Wissen bei anderen ist, die sich als Experten zu Wort melden und z. B. nicht einmal wissen, dass die Unterteilung in taktische und strategische Nuklearwaffen mehr mit deren versuchter Verharmlosung statt Kriegsführung zu tun hat (Hiroshima wäre eine „harmlosere“ taktische Atombombe im unteren Bereich der Bandbreite gewesen).
Dieser Krieg ist einerseits ein Krieg zwischen Russland und der Ukraine, gleichzeitig auch ein Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland. Offenbar ist es schwer, diese Spannung und die unterschiedlichen Interpretationsrahmen auszuhalten. Einen dieser beiden völlig zu diskreditieren, scheint mir jedoch nicht hilfreich.
Der angebliche Bellizist Helmut Schmidt sagte immer, man müsse das Wort von Clausewitz folgendermassen verstehen: (Auch) Krieg ist die Fortführung von Politik mit anderen Mitteln. Wenn die Politik fehle, gleite man in einen blanken Militarismus ab. Was ist das anderes, wenn Frau Baerbock zu politischen Zielen im Ukrainekrieg befragt, meint, dazu gäbe sie dann Auskunft, wenn der Krieg von der Ukraine gewonnen sei? Vielleicht wären ein paar kritische Worte zu dieser mächtigen Frau einmal angebracht, die offenbar meint, wenn man eine Politik mit den Adjektiven feministisch-wertebasiert versehe, sei sie gegen jegliche Kritik immunisiert.



Stellungnahme des Pfarrkapitels Horgen zur Flüchtlingskrise